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liturgie leben


Bibliodrama

Was ist Bibliodrama?

Bibliodrama ist ein offener, szenischer Gruppenprozess zwischen biblischen Texten und Spielerinnen und Spielern. Ziel des szenischen Spieles ist es, die persönlichen und allgemeinen Erfahrungen der Teilnehmenden und die in der Bibel verdichteten Wirklichkeiten im Spiel aufeinander zu beziehen und zu öffnen. Die Spielenden schärfen zunächst durch angeleitete Bewegungs- und Körperübungen ihre Wahrnehmung für die Geschichte und für sich selbst. Dann treten sie in verschiedene, aus dem eigenen Rollenbewußtsein erwachsenden szenische Spiele ein und verkörpern die Geschichte(n). Die Handelnden und Betrachtenden schließen den Bibliodrama-Prozess ab, indem sie die Szene(n) der Inszenierung gemeinsam reflektieren und Entdeckungen im und am Spiel mitteilen.

Wer genaueres wissen möchte, vertiefe sich unter den drei unten genannten Rubriken.

Veranstaltungen

Texte

Definitionen

Veranstaltungen

„Wer sagen die Leute,

dass der Menschensohn sei?“

Bibliodrama
zur Person Jesu

vom 27.2.-29.2.2004
im Christian Jensen Kolleg

Die Spannbreite der Jesus Bilder ist weit, vom Retter bis zum Kumpel, vom unbeschriebenen Blatt bis zum Lamm, das die Sünde der Welt tragen soll. Heute ist alles drin. Und manch einer wagt kaum anzuzeigen, dass Jesus als Bezugsperson für ihn schon lange draußen ist: Kirche, ja, aber Jesus, der Sohn Gottes?

Es lohnt sich, ihn wieder hinein zu holen im Spiel mit dem biblischen Text, seine göttliche und menschliche Natur zu entdecken.

Ein Bibliodrama-Wochenende für Gemeindeglieder, Haupt- und Ehrenamtliche, die mit Kindern, Jugendlichen, mit sich und ihresgleichen dem Geheimnis des Glaubens auf der Spur sind. Das Bibliodrama eröffnet Zugänge zum szenischen Verstehen und Gestalten in der eigenen gemeindlichen Praxis.

Die Kosten betragen 165 € incl. Vollverpflegung und Doppelzimmer

Bitte denken Sie an Bettwäsche und Handtücher, die ansonsten für 6,00 € ausgeliehen werden können.

Anreise: Freitag, 27.2.2003, 17.30 Uhr

Abreise: Sonntag, 29.2.2003, 11.15 Uhr

Christian Jensen Kolleg Breklum

Kirchenstraße 4, 25821 Breklum

Tel. 04671-91120, Fax -2584

e-mail: info@christianjensenkolleg.de

Definitionen

Artikel: Bibliodrama

Für: Wörterbuch der Theaterpädagogik, hgg. v. G. Koch und M. Streisand, Berlin 2003

Die Ursprünge des Bibliodramas liegen in den kreativen Aufbrüchen der siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts, seine strukturellen Wurzeln reichen zurück bis in das mittelalterliche geistliche Spiel (Martin 20012, 105ff.). Zeitgleich mit dem aufkommenden Interesse an Transzendenz und Spiritualität unter Theaterschaffenden und Schauspielensembles (z.B. Peter Brook, Jerzy Grotowski, das Odin Theatret) entdeckten christliche Gruppen das szenische Spiel wieder neu. Es versprach, die ,Wirklichkeit Gottes‘ in ihren politischen, sozialen, emotionalen und spirituellen Dimensionen unmittelbarer erfahrbar zu machen. Wie in vielen Ansätzen der humanistischen Psychologie (Gestaltpsychologie, Bioenergetik) und im Körpertheater, spielte auch hier die Körperarbeit als Form der Selbst- und Welterforschung eine entscheidende Rolle (Delakova 1984, Martin 20012, 25ff, Keßler, 69ff, Teichert 2001, 58). Zum Bibliodrama-Boom kam es dadurch, dass Menschen mit verschiedenen Interessenschwerpunkten biographischer, therapeutischer und religiös-theologischer Art die Möglichkeit sahen, einer seit der Reformation lebendigen Utopie einige Schritte näher zu kommen, nämlich als theologische Laien am Auslegungsmonopol des biblischen Textes teilzuhaben. An der Basis von Kirchengemeinden und Kommunen und auf Bibliodrama-Konferenzen und -Workshops legen sie seitdem millieuübergreifend und mit dem Material des eigenen Lebensgeschichte biblische Texte szenisch aus und lassen sie so Gegenwartsbedeutung gewinnen.

Zum Jahrtausendwechsel ist eine breit ausdifferenzierte Bibliodrama-Szene wahrzunehmen: Bibliodrama trägt gegenwärtig nicht nur zu einem interkonfessionellen Dialog zwischen skandinavischen und europäischen Christen bei (vor allem in den jährlichen Konferenzen der ev. Akademie Segeberg und des Burckhardthauses Gellnhausen), sondern bietet auch Wege interreligiöser Verständigung zwischen Juden, Christen und Muslimen (z. B. Aldebert, Krohndorfer, Pitzele). Bibliodrama-Techniken werden wieder rückgeführt in die strukturverwandte Inszenierung von Gottesdiensten (Friedrich 18f, Martin 1998, 50ff, Stangier), sie werden weiterentwickelt in religionspädagogischen (z. B. Warns), psychotherapeutischen (z.B. Rotschild/Laeuchli) und spiel-ästhetischen Projekten (Playing Arts) Trotz aller Verschiedenheit ist für das klassische Bibliodrama die folgende Form grundlegend:

Bibliodrama ist ein offener, szenisch-dramatischer Gruppenprozess zwischen einem - in der Regel - biblischen Text und den Spielerinnen und Spielern. Ziel des szenischen Spieles ist es, die individuellen und überindividuellen Erfahrungen der Teilnehmenden und die in der Bibel verdichteten Wirklichkeiten im Spiel aufeinander zu beziehen und wechselseitig zu erschließen. Die Spielenden schärfen zunächst durch Körperarbeit ihre Wahrnehmung für die Geschichte, für die Themen im Text und für sich selbst im Medium des eigenen Leibs. Dann treten sie in verschiedenen, aus dem eigenen Rollen/Körper/Selbst/Kollektivbewußtsein erwachsenden szenischen Improvisationen in die Darstellung und Verkörperung des Textes ein. Um die Improvisationen anzubahnen, unterstützt der Gruppenleiter die Teilnehmenden auf ihrer Suche nach den Strukturen und Spielregeln, nach der “Partitur” (Grotowski 243f) die dem Text selbst innewohnt. Dazu benutzt er je nach persönlichem Bildungshintergrund schauspiel- und bewegungspädagogische, psychodramatische oder ästhetisch bildnerische Techniken. So provoziert er durch Formvorgaben und Spielregeln die schöpferische Auseinandersetzung der Spielenden. In der Laborsituation des Bibliodramas kommen im Unterschied zum Bibeltheater die Szenen lediglich vor den Augen der Teilnehmenden zur Darstellung (vgl. Grasmück, 24ff, Rohrer). Die Handelnden und Betrachtenden schließen den Bibliodrama-Prozess ab, indem sie die Szene(n) der Inszenierung gemeinsam reflektieren, in der Regel im Medium der Sprache. Die Teilnehmenden führen ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Spiel auf die Wirklichkeit und Bedeutung des biblischen Textes zurück, statt sie wie im Psychodrama nur auf die eigene Person in der Gemeinschaft zu beziehen.

Bibliodrama ermöglicht den Teilnehmenden einerseits einen emanzipatorischen “Zugang zur eigenen Pluralität” (Pohl-Patalong 526) und verspricht andererseits eine differenzierte Integration des Selbst in Gemeinschaft auf der Basis einer geistlichen Autorität, dem biblischen Text. Bibliodrama-Praxis, die Auseinandersetzung mit im Text überkommener Glaubenserfahrung, führt unweigerlich zur Frage nach “Gott auf der Bibliodrama-Bühne” (Martin 20012, 93-104). Die Antworten bewegen sich zwischen der Abwesenheit Gottes als Bedingung der Möglichkeit einer Verkörperung bzw. Inkarnation Gottes im Rollenspiel einerseits und der faktischen Anwesenheit eines “dunklen” Gottes im Mythos, von dem die Spielenden gespielt werden andererseits (Laeuchli). Die Frage ist nur dialektisch zu beantworten: “Das, der oder die Absolute ist im Bibliodrama nur situativ ,anwesend‘, zugleich aber prizipiell unverfügbar, unaussagbar, unspielbar, so merkwürdig das klingt.” (Teichert 2001, 16).

Literatur

Aldebert, Heiner: Mit Juden, Christen und Muslimen im Bauch des Fisches. Bibliodrama der Buchreligionen zu Jona. In: Lernort Gemeinde. Zeitschrift für theologisches Praxis 17 (1999), H. 3, 55-60. Delakova, Katja: Beweglichkeit. Wie wir durch Arbeit mit Körper und Stimme zu kreativer Gestaltung finden. München 1984. Friedrich, Marcus A.: Liturgische Körper der Beitrag von Schauspieltheorien und -techniken für die Pastoralästhetik, Stuttgart 2001. Ders.: Spielen als spielten wir nicht.... Epische und dramatische Wandlungen - Ein schauspielästhetischer Beitrag zur Bibliodrama-Kritik. In: Hoffmann, Klaus: Spielraum des Lebens Spielraum des Glaubens. Hamburg 2001. Grasmück, Heinz: Choralgraphisches Theater. Die liturgische Dramaturgie und ihre Iszenierung. In: It´s the same but different. Dokumentation des 2. Europäischen Bibliodramakongresses 1996 im Burckhardthaus, Gelnhausen 1997, 24-31. Grotowski, Jerzy: Für ein Armes Theater, Berlin 19943. Kiehn, Antje/ Laeuchli, Samuel/ Langer, Heidemarie/Martin, Gerhard Marcel/Passauer, Ruth/Schramm, Tim/Spiegel,Yorick/Teichert, Wolfgang: Bibliodrama. Stuttgart 1987. Krohndorfer, Björn: Body and Bible. Interpreting and Experiencing Biblical Narratives. Philadelphia 1992. Laeuchli, Samuel: Mimesis - Das Spiel vor dem dunklen Gott. Ein Beitrag zur Entwicklung des Bibliodramas. Neukirchen-Vlyn 1987. Pitzele, Peter: Scripture Windows. Toward a Practice of Bibliodrama. Los Angeles 1998. Martin, Gerhard Marcel: Zwischen Eco und Bibliodrama. Erfahrungen mit einem neuen Predigtansatz. In: E. Garhammer/H.-G. Schöttler, Predigt als offenes Kunstwerk, München 1998, 50-62. Ders.: Sachbuch Bibliodrama. Praxis und Theorie. Stuttgart 20012. Pohl-Patalong, Uta: Bibliodrama - zur gesellschaftlichen Relevanz eines Booms. In: Praktische Theologie, 85 (1996), 522-535. Rohrer, Fritz: Bibeltheater. Frankfurt/M. 1985. Rotchild, Evelyn/Laeuchli, Samuel: Jesus und der Teufel. Begegnung in der Wüste. Imagination, Spiel und Therapie in der Versuchungsgeschichte, Neukirchen 1992. Teichert, Wolfgang: Wenn die Zwischenräume tanzen. Theologie des Bibliodramas. Stuttgart 2001. Warns, Else Nathalie: Bibliodrama - Spielprozesse zu biblischenTexten. In: Der Evangelische Erzieher. 35 (1983), 286-299.

Marcus A. Friedrich